Montag, 30. Mai 2016

Niwärch Gmeiwärch 2016



Samstag, 28. Mai 2016

blau: historisches Niwärch von der Schöpfe bis Choruderri
gelb: heutiges Niwärch durch den Stollen
rot:    Stollen Ein- und Ausgang

Länge historisches Niwärch: ca. 2.8 km
Gefälle von der Schöpfe bis Choruderri: ca. 40 Meter

Länge des Stollens: ca. 1.5 km




Zitat Johannes Gerber: Das Niwärch ist die oberste, die am kühnsten angelegte Wasserleitung von Ausserberg und mit rund 7 km auch die längste. Wahrscheinlich  nach dem Unglück von 1311 am Chänilwasser machten sich die Leute am "Bischofsberg"  daran, eine neue Leitung aus dem Baltschiedertal zu planen. Die Schepfi lag nicht an der Baltschiedra, sondern am Bächlein Horga in der Nähe von Älum.

Am 24. August 1914 zerstörte ein gewaltiger Felssturz im Steinbruch  alle drei Suonen (Niwärch, Mittla, Undra). Man ersetzte die gefährdeten Stellen durch Stollen.

1946/47 wurde das Niwärch auf der ganzen Länge ausgebessert und erweitert. Es verschwanden auch die letzten Kännel. 1972 bekam Ausserberg eine neue Wasserversorgung samt neuem Stollen, durch den auch das Wässerwasser fliesst. Die SAC Sektion Blümlisalp übernahm auf Initiative der SAC Ortsgruppe Ausserberg Recht und Pflicht, das Niwärch im bisherigen Zustand zu erhalten.

Die meisten Suonen im Wallis sind mit immensen Anstrengungen im Gemeindewerk (Gmeiwärch) der Dorfschaften entstanden, so sicher auch das Niwärch. In diesem Sinn und Geist werden heute noch die personell aufwändigen Arbeiten erledigt, so eben auch die Instandstellung des Niwärchs nach dem jeweils schadenreichen Winter. 

Mich zog es schon vor zwei Tagen ins Baltschiedertal. Ich musste einfach wissen, ob die hinter Ze Steinu mit einem gewaltigen Lawinenkegel bedeckte Baltschiedra für das Niwärch ein bisschen Wasser hergibt.


Was ich da zu sehen bekam, stimmte mich sehr optimistisch.
So viel Wasser - und erst noch fast von selbst! 


Kurz nach 8 Uhr trifft der Lötschberger mit den "Gmeiwärchern" der SAC Sektion Blümlisalp ein. Im "Chleebodi" (Hotel Bahnhof)  begrüssen sich bei Kaffee und Gipfeli die Walliser und Üsserschwiizer - und dann geht es hinauf zur Choruderri, will man doch möglichst rasch die Arbeiten in Angriff nehmen. 



Eine stattliche Schar findet sich ein: Berner, Thuner, Spiezer, 
Hikr, Feriengäste ....








... und gemeinsam beten alle das traditionelle "Gebet am Niwärch - Gmeiwärch". Katholiken, Reformierte, Konfessionslose. Für mich immer ein besonderes Ereignis: alle sind sich bewusst, dass die Arbeit am Niwärch nicht ungefährlich ist, und alle wünschen, dass Unglück und Schaden von uns ferngehalten wird. 






Sie organisieren und leiten das heutige Gmeiwärch. Von links nach rechts Edwin Schmid, Präsident der Ortsgruppe Ausserberg, Damian Treyer, der bisherige Wasserhüter und Alexander Heynen, der neue Wasserhüter.

Werkzeug wird gefasst, Gruppen gebildet, Arbeitsplätze bestimmt. Es kann losgehen. Ich persönlich bummle mit der Kamera ganz gemütlich übers Niwärch, nach dem Motto: gmeiwärchen ist schön - ich könnte stundenlag fotografieren.




 Die vorderste Gruppe säubert das Niwärch am Waldrand.  Laub, Äste und Steine werden mit einer Schubkarre abtransportiert, will man doch das Heugras des Landbesitzers nicht verunreinigen.
 Mit Rechen und Besen werden im Wald auch die steilen Hänge gesäubert. Alles, was potentiell hinunter rutschen könnte, muss weg.
Kurz nach dem Einbiegen in den ersten felsigen Hang erinnert eine Tafel an die grossen Verdienste der SAC Ortsgruppe Ausserberg und der Sektion Blümlisalp. Als SAC Emmentaler und Zusatzmitglied bei den Blümlisalpern fühle ich mich da auch zugehörig.






Nach dem 1973 eingesetzten Kännel kommt gleich eine kritische und nicht ungefährliche Stelle: der Steinbruch. Der Weg muss jedes Jahr wieder freigeschaufelt werden.

Blick vom Kännel in den Steinbruch

Rasch und umsichtig muss gearbeitet werden

Im engen und dunklen Stollen lagert viel Sand ab

Blick zurück zur Steinbruch-Gruppe

Blick zurück zur Flanke mit dem Kännel
Überall wird fleissig und rasch gearbeitet. Schon um 11:15 Uhr will man das Wasser anschlagen. Der Zeitrahmen ist eng.

Zur Sicherheit der Wanderer wird der Hüterweg ausgebessert

Auch der Präsident packt an

Die Ränder am Suonenbett werden abgestochen

Weit weg mit dem Dreck

Eine Schlüsselstelle: das Wasserrad ...

....mit dem Merkhammer

Schaufeln, rächelen - was gerade nötig ist

Schafe kommen aus dem Stollen
 Was mich immer wieder erstaunt, mit welcher Geschicklichkeit die Üsserberger mit einfachen Mitteln auch schwerste Brocken aus dem Suonenbett befördern.

Der Block wird angehoben ....


... mit vereinten Kräften aufgestellt ...

... und über den Weg gekippt.
Die starken Üsserberger werden kurz danach wieder gefordert. Da ist dann auch der Nachwuchs am Werk.

Derweil der Junior sägt ...

... wird der Block auf den Weg ...


... und an den Rand geschoben

Ein Feriengast ...

... und ein Emmentaler am Werk
Fast auf die Sekunde genau komme ich in Ze Steinu an. Die hinterste Gruppe rastet - und sogleich begibt sich Hansueli zum Schieber und schlägt das Wasser an.




Hansruedi schlägt das Wasser an

 Ich stelle gelegentlich Unkundigen die Frage, wie lange es dauert, bis das bei der Schöpfe angeschlagene Wasser bei der Choruderri ankommt. Die Schätzungen liegen in der Bandbreite von 15 Minuten bis zu einer Stunde. Alle liegen weit daneben. Letztes Jahr begleiteten wir das Wasser 3 Std. 30 Min., dieses Jahr gibt es für mich mit 1 Std. 55 Min. einen neuen Rekord.



Fortlaufend werden Laub und Äste mit der Gabel aufgefangen

An der Spitze des "Aaschutzes"

Unter der Runse mit dem Lawinenschnee führt ein Rohr durch

Der Organisator des Gmeiwärchs ist ganz offensichtlich zufrieden

Kännel über tiefen Krachen

Unter dem Überhang

Das Werkzeug muss wieder zur Choruderri

Da habe ich tatsächlich noch den "Grind" angeschlagen

Auf dem Rückweg ...

...sieht man der Hände Arbeit


Und tatsächlich: es läuft...

... das Wasserrad

Belastungsprobe am "Schönen Meiss"

Meine Lieblingsstelle am Niwärch

Kurz vor dem Steinbruch

Wer den Steinbruch nicht liebt, geht durch den engen Stollen

Auch diese Bretter halten
Auch dieses Jahr verläuft das Gmeiwärch ohne Zwischenfälle - wie wir dies mit dem Niwärch-Gebet erbeten haben.



Letzte Nacht in einer schlaflosen Stunde habe ich lange gegrübelt, warum ich mich immer wieder auf das Niwärch Gmeiwärch freue, wo der tiefere Grund für die Motivation liegt. Ich weiss es nun: es ist nicht die prächtige Natur, die Flora und die Fauna - es ist das Raclette. In diesem Kreis und in dieser Ambiance auf Walliserboden ein echtes Walliser Raclette und ein Gläschen Fendant zu geniessen - das ist schon fast das höchste der Gefühle.

Zu toppen wäre dies nur mit dem schon lange geplanten und immer wieder aufgeschobenen Aufstieg zur Baltschiederklause. Diesen Sommer muss es sein ...

Ein zweiter Bericht in leicht geänderter Form siehe auch bei laponia41 auf hikr.org